Faszinierend ist die Vererbungslehre für jeden Kleintierzüchter. Einige wichtige Gesetzmässigkeiten sollte jeder kennen. So ist jedes Jungtier eines Wurfes ein eigenständiges Individuum, das seine Eigenschaften von den Eltern mitbekommen hat. Und obwohl alle gleich aussehen, unterscheiden sie sich genetisch trotzdem voneinander. Wie kommt das?

Grundvoraussetzung für das Kaninchenzüchten ist und bleibt die klassische Genetik. Diese Wissenschaft befasst sich mit den Gesetzmässigkeiten der Vererbung; sie zielt darauf hin, bestimmte Merkmale, die gewünscht sind, zu fördern und unerwünschte zu verdrängen. Sie hilft also die Zuchtarbeit gezielt voran zu treiben. Für dieses Verständnis braucht jeder Züchter einige wenige Fachbegriffe zu kennen. Nur so wird es auch klar, wie Erbinformationen die Schönheit oder die Leistung eines Nachkommen prägen.  

Aufbau des Erbgutes

Alle Tiere bestehen aus Zellen; bei einer 600 kg Kuh rechnet man 10 000 000 000 000 (10 hoch 13) Körperzellen. Es darf davon ausgegangen werden, dass ein Farbenzwerg-Kaninchen mit einem Lebendgewicht von einem Kilo aus mehr als 15 Milliarden Körperzellen besteht. Diese Zellen sind die Bausteine des Körpers für Gehirn, Knochen, Muskel und Haut.

Eine tierische Zelle symbolisch dargestellt mit dem Zellkern in der Mitte (Quelle Internet)

Zellen besitzen ein Zentrum

In den Zellen finden wir verschiedene Funktionsteile, die alle über die Steuerung des Zellkerns für das Leben wichtige Funktionen ausüben. Wir interessieren uns als Kaninchenzüchter ganz besonders für den Zellkern, weil hier die Erbinformationen liegen. Jede Körperzelle trägt die gesamte Erbinformation des Tieres. Eine Ausnahme diesbezüglich sind aber beispielsweise die roten Blut-körperchen, die keinen Zellkern aufweisen.

 

Chromosomenanzahl ist immer artspezifisch

In den Zellkernen lassen sich in unterschiedlicher Zahl die Chromosomen finden. Dieses Wort „Chromosom“ kommt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus den beiden Wörtern „Chroma“ und „Soma“ zusammen, was Farbkörper bedeutet. Sie sind aus Eiweissen aufgebaut und bilden einen langen Doppelfaden, auch Doppel-Helix genannt. In der Biologie werden die fadenähnlichen Strukturen als X-Form mit einem Zentrum als Centromer dargestellt.

Wie viele Chromosomen in einem Zellkern vorkommen, ist abhängig von der Tierart. Die Chromosomen sind beim Kaninchen und sowie bei allen Nutztieren paarweise vorhanden, jeweils eines stammt vom Vater und eines von der Mutter. Aus diesem Grunde bezeichnet man die Körperzellen als diploide Zellen; Geschlechtszellen wie das Spermium und die Eizelle besitzen nur einen Chromosomensatz, weshalb die Wissenschafter dann von einen haploiden Chromosomensatz.

Auf den Chromosomen sind die Informationen gespeichert!

Ein Chromosomenpaar hat sich zu zwei unterschiedlichen Formen entwickelt, nämlich das Geschlechtschromosom. Die eine Form ist das X-Chromosom, die andere das Y-Chromosom. Weibliche Nachkommen haben immer zwei X-Chromosomen und männliche Tiere besitzen immer ein Y- und ein X-Chromosom.

In der Vereinigung und der anschliessenden Auftrennung der einzelnen Chromosomen während der Bildung der Geschlechtszellen liegt das Geheimnis der Vielfalt der Nachkommen.
So bilden sich immer wieder neue Kombinationen aus den beiden Chromosomenhälften, die sich bei der Besamung und der anschliessenden Befruchtung wieder mit dem zweiten (weiblichen) ebenfalls auf diese Art neu gebildeten Partnerchromosom zum Paar ergänzen.
Jedes Gen hat einen bestimmten Genort, nur so findet es seinen zugehörigen Partner; es ist mit einem Reissverschluss zu vergleichen. Bei der Bildungs- der Geschlechtszellen ist es nun aber so. Der Reissverschluss wird geschlossen, verdreht und wieder aufgemacht, sodass hinterher Teile von links und rechts die Seiten gewechselt haben (Crossing-over), somit bleibt keine Chromosomenhälfte so wie sie was, aber trotzdem passen beide zusammen. Man kann davon ausgehen, dass die Gesamtlänge der DNA (Desoxyribonukleinsäure) beispielsweise beim Menschen in jeder Zelle mit 46 Chromosomen über zwei Meter Länge beträgt; die Körperzelle eines Kaninchen mit 44 Chromosomen ist damit in der Länge sicher vergleichbar.   

Ein Chromosom bestehend aus den beiden Helixen, auf denen die Gene lokalisiert werden können. (Quelle Internet)

Was heisst rezessiv und was heisst dominant?

Mit Bestimmtheit hat jeder Züchter schon die Begriffe „rezessiv“ und „dominant“ gehört. Damit werden Merkmale bezeichnet, wie sie vererbt werden. Vorerst noch eine Begriffserklärung des Allels; darunter verstehen wir die Ausprägungsform eines Merkmals auf einem Gen; ein dominantes Allel überlagert dabei immer ein rezessives Gen. Das heisst auch, dass ein dominantes Gen sich bei der Verpaarung immer durchsetzen wird (dominantes Gen bedeutet beherrschend). Rezessive Gene sind in einem Tier ebenfalls vorhanden, werden aber von einem dominanten Gen so überlagert, dass sie vorerst nicht sichtbar sind.

Beispiel: Farb-Paarungen: Schwarzes Kaninchen x weisses Kaninchen

  Schwarzes Kaninchen S Weisses Kaninchen w
Schwarzes Kaninchen S  SS Sw
Weisses Kaninchen w   Sw ww


S = Schwarze Farbe ist dominant, deshalb der Grossbuchstabe S
w = weisse Farbe ist rezessiv, deshalb der Kleinbuchstabe w

Ein rein schwarzes Kaninchen gepaart mit einem rein schwarzen Kaninchen bekommen immer schwarze Kaninchen als Nachkommen, weil schwarz dominant ist. Vollfärber aus der Scheckenzucht sind nicht rein schwarz. Ein rein weisses Kaninchen und ein rein weisses Kaninchen bekommen immer weisse Jungtiere,  weil das Gen rezessiv ist und kein dominantes Gen vorhanden ist. Hingegen sehen wir bei einer Paarung von einem rein schwarzen Tier mit eine rein weissen Tier, dass die Nachkommen schwarz sind, weil sich schwarz als dominante Farbe durchgesetzt hat. Aber Achtung ein Teil der Nachkommen trägt das weisse Gen in sich.  

Es spielt übrigens kein Rolle, ob das Merkmal vom männlichen Tier oder weiblichen Tier vererbt wird.  

Beispiel: Haarstruktur-Paarungen: „Normalhaar“ Kaninchen x „Satinhaar“- Kaninchen

  Normalhaar Kaninchen N Satinhaar Kaninchen s
Normalhaar Kaninchen N NN Ns
Satinhaar Kaninchen s   Ns ss

N = Normalhaar ist dominant, deshalb der Grossbuchstabe N
s = Satinhaar ist rezessiv, deshalb der Kleinbuchstabe s

Verpaart ein Züchter Normalhaar-Kaninchen mit einem Normalhaar-Kaninchen haben alle Jungtiere Normalhaar. Das gleiche gilt bei Satin. Wird ein Satin-Kaninchen verpaart, haben alle Nachkommen Satin. Wird die Paarung Normalhaar mit Satin durchgeführt, haben die Tiere Normalhaar; doch aufgepasst, ein Teil des Nachwuchses trägt den Satin-Faktor im Erbgut, der nicht sichtbar ist.

Unterschied zwischen Phänotyp und Genotyp

Als Genotyp werden die Erbmerkmale der Tiere bezeichnet, die sie als Gene in sich tragen; der Phänotyp ist das Erscheinungsbild; jene Eigenschaft, die gezeigt wird. Ein Kaninchen kann also schwarz sein (Phänotyp) und trotzdem auch die Erbanlagen für ein weisses Fell tragen (Sw) das gleiche gilt für Normalhaar (Ns). Die Verpaarungen solcher Tiere können Tierhalter oft überraschen. Wenn der Erbgang aber verstanden wird, ist alles klar.   

Der Zuchtrammler oder immer das männliche Tiere bei den Säugetieren bestimmt das Geschlecht des Nachkommen! (Uebrigens beim Geflügel ist es genau umgekehrt.)

  Mögliche Samenzelle  
Mögliche Eizelle  X Y Von den Nachkommen sind im Durchschnitt die Hälfte weiblich und die andere Hälfte männlich. Dabei ist entscheidend, ob die Samenzelle (Spermium) ein X- oder ein Y-Chromosom enthält.
X weiblich XX männlich XY
X weiblich XX männlich XY

 

Wieviel Chromosomen haben die einzelnen Arten?

Art Anzahl Chromosomen
Menschen 2 x 23 = 46
Rindvieh 2 x 30 = 60
Schweine 2 x 19 = 38
Ziegen 2 x 30 = 60
Schafe 2 x 27 = 54
Pferde 2 x 32 = 64
Hund 2 x 39 = 78
Wachteln 2 x 39 = 78
Kaninchen 2 x 22 = 44
Feldhasen 2 x 24 = 48

 

Fischen nach Wertvollem.

 

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Bildquellen

  • Bild 1: internet
  • Foto 2: Heinz Schmid
  • Foto 1: Heinz Schmid
  • Bild 3: Heinz Schmid
Ein Gedanke zu „Genetik – das sollte jede(r) von den Grundlagen wissen!“
  1. Sehr geehrter Hr. Schmid ! Ich würde als Beispiel für dominante und rezessive Gene statt schwarze und weiße Kaninchen, schwarze und blaue Kaninchen angeben. Das Ergebnis in der F1 können schwarze Kaninchen sein aber nur unter einen speziellen Vorrausetzung des „weißen“ Paarungspartner. Mein Vater kreuzte mal „blaue Wiener“ (deutsche Erformel) ABCdg mit „Weißen Neuseeländern“ aBCDG und die F1 bestand nicht aus blauen Kaninchen, sondern die waren alle einheitlich wildfärbig ABCdg/aBCDG. Blaue Kaninchen sind eigentlich „verdünnte“ schwarze Kaninchen. Da ich genau dieses Beispiel mit schwarzen und weißen Kaninchen in meinem Biologiebuch hatte war ich sehr über die rätselhaften wildfärbigen Kaninchen in der F1 auch sehr erstaunt. Des Rätsel Lösung konnte ich dem Buch „Fortpflanzung und Vererbung in der Kaninchenzucht“ von Karl Weißenberger entnehmen. Egal ob das weiße Kaninchen albinotisch (rote Augen) oder leuzistisch (blaue Augen) hat, durch ein einzelnes rezessives Gen wird die Fähigkeit zu Farbbildung unterdrückt. Also kann ein weißes Kaninchen theoretisch von wildfarbig bis seperatorfärbig bezw. andere rezessive Gene, alle möglichen Gene bezüglich Farbe besitzen. Zum Vorschein kommt diese Gene eines weißen Kaninchen eventuell nur wenn sie mit farbigen Rassen gekreuzt werden. Also ihr Beispiel tritt nur dann so auf wenn das weiße Kaninchen genetisch zumindest ein „schwarzes Kaninchen“ ist deutsche Erbformel aBCDg. Dann ist die F1 genauso wie von ihnen beschrieben, ansonst könnten eventuell auch wildfärbige Kaninchen auftreten. Der Forscher die Farbgene der Kaninchen erforscht hat war übrigens Dr. Hans Nachtsheim. Das Beispiel das ich angeführt habe wurde in der Praxis ausgeführt und ist keine „graue“ Theorie. Zu ihren Artikel bezüglich Genetik und Haltung von Kaninchen möchte ich ihnen gratulieren diese entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung! MfG Christian Schraick

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