Mit Himbeerstauden eingedeckt

Bewegung im Aussengehege! Beschäftigung im Stall?  Es stellt sich die berechtigte Frage, ob Tiere überhaupt Langweile empfinden können. Dafür gibt es keine eindeutige Antwort. Ohne Zweifel sind in der Natur alle Tiere mit der Nahrungssuche und häufigem Ausruhen beschäftigt.


 
Bei der Haltung der Kaninchen können zusätzliche Reize  durchwegs bejaht werden; hingegen sind zu stark vermenschlichte Ansichten – vor allem in der Haltung von Tieren in der Wohnung –  zu hinterfragen.

Die Zoologen sprechen in diesem Zusammenhang von Lebensraumbereicherung. Diese Bezeichnung umfasst alle Aspekte, die ein Gehege oder Stall zum Lebensraum für seine Tiere machen. Können wir in der Rassenkaninchenzucht diesbezüglich aber überhaupt noch Verbesserungen anbringen?

Mit viel Bewegung ist viel Beschäftigung in Aussengehegen möglich

Kaninchen, die in Aussengehegen gehalten werden,  haben zwar ausreichend Platz für Bewegung, doch sind sie Gefahren ausgesetzt. Nur ein in den Boden eingelassener Zaun mit einem feinmaschigen Drahtgeflecht und darüber mit einem Netz abgesichert bietet Schutz vor Feinden zu Boden und aus der Luft. 
Diese Gefahren kennen die Kaninchen selbst auch und graben in nur wenigen Tagen zu ihrem Schutz ein Höhlensystem, das oft den Tierhalter selbst überrascht. Diese Gänge sollten von Zeit zu Zeit wieder zugeschüttet werden, damit die Tiere sich nicht verschanzen können und der Tierhalter grosse Mühe hat, sie wieder einzufangen. Das Zuschütten geschieht auch zur Sicherheit der Kaninchen selbst, denn meist sind solche Gänge nicht sonderlich stabil.  

Einer mit viel Vorsicht vergesellschafteter Rassenkaninchengruppe zu zusehen macht immer Spass. Doch ist es nicht immer einfach, Artgenossen, die zuvor als Einzelwesen gelebt haben, in Gruppen zu integrieren. Meist sind dies auch nicht mehr für Ausstellungen vorgesehene Schautiere, sondern Zuchttiere, die Narben und Kratzern von ihren Aktivitäten als Erinnerungen mit sich tragen können und auch dürfen.

Fütterungsplätze bei der Freilandhaltung müssen entsprechend geschützt sein; nicht selten bedienen sich Vögel oder Mäuse. Abgesehen, dass sie einen Teil des Futters fressen, sind diese Räuber auch Träger und damit Transporteure von Krankheiten.

Zu empfehlen sind die aus nur Drahtgeflecht bestehenden Aussengehege, die im Boden verankert werden können. Sie taugen nicht für Ganztages-Ausläufe, aber immerhin ermöglichen sie den Stallhockern einige Stunden auf Wiesen-oderRasenfläche zu verbringen. Einige Züchter nehmen diese Gelegenheit wahr und wechseln mit den Tieren ab und ermöglichen ihnen somit einige „Luftsprünge“. 

Tierschutz schreibt vor …

Aus dem schweizerischen Kontrollbuch mit den Aspekten des baulichen und qualitativen Tierschutzes für Kaninchen entnehmen wir, dass die Kaninchen täglich mit grob strukturiertem Futter wie Heu oder Stroh versorgt werden müssen. Zusätzlich wird gefordert, dass die Tiere ständig Objekte zum Benagen als Beschäftigung zur Verfügung haben müssen. Einen Grossteil der Zeit verbringen die Tiere ohnehin mit Körperpflege, Fressen und Beobachten der Umgebung.

Wir sind uns einig, ein Animationsprogramm brauchen die Kaninchen nicht. Bereichernd sind beispielsweise verschiedene Aeste, Saftfutter oder auch ein Stück gut getrocknetes Altbrot.

Ebenfalls dürfen Kaninchen mit noch unbekanntem Beschäftigungsfutter bedient werden. Sie beschnuppern zu Beginn und versichern sich allmählich, dass das Futter noch geniessbar ist. Werden Kaninchen so regelmässig aktiviert, ist das durchwegs mit einem Gehirnjogging für die Tiere zu vergleichen.

 

Brauchen Wohnungstiere wirklich Spielmöglichkeiten?

Glaubt man den verschiedenen Heimtierartikelanbietern, dann sind die Kaninchen in der Wohnung doch etwas anders zu halten. Eine Vielfalt von Tunnels, Röhren, Häuschen, Buddelkisten, Heusocken und Snackballs lassen den herkömmlichen Stall zu einer Kinderstube werden. Den Tieren wird es gut gehen, solange sie die Gegenstände wie Möbel nicht beknabbern. Es gibt auch Tierhalter, die ihren Lieblingen Kunststücke beibringen; diese lernen die Befehle gegen Leckerchen sehr schnell und sind so bereit, Männchen zu machen, sich zu drehen oder gar über Hindernisse zu springen.

 

Aeste bringen spannende Momente im Stall-Tagesablauf

Kaninchen fressen sehr gerne Zweige und Aeste, aber auch Stauden wie beispielsweise  Himbeeren, Brombeeren und Johannisbeeren. Kaninchen sind Tiere, die sehr gut mit rohfaserhaltigen Komponenten umgehen können. Wenn auch Aeste und Zweige wenig bezüglich einer bedarfsgerechten Ernährung bringen, so sind die Fasern für die Sättigung durchaus positiv. Die abgefressenen Rinden enthalten Komponenten wie Gerbstoffe, die für eine gute Verdauung positiv sind. 

Die Tiere fressen nie die ganzen Aeste, sondern es wird lediglich die Rinde äusserst genau abgefressen; nur an Stellen, zu denen sie mit dem Kopf nicht hinkommen, bleiben Rindenreste übrig. Schosserruten der Obstbäume beispielsweise sind sehr ideal – mit oder ohne Blätter – und da die Obstbäume zudem jedes Jahr geschnitten werden, ist während des ganzen Winters genügend Holzmaterial vorhanden.

Mit einer Auswahl von Zweigen kann für Beschäftigung geschaut werden, welche Zweige die Kaninchen am liebsten fressen. Zweig Nr. 1 ist Haselnuss; Zweig Nr. 2 ist Ahorn und Zweig Nr. 3 ist Kirschen. 
Nach wenigen Stunden ist die Arbeit gemacht.

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass überlange Ruten sich leicht biegen lassen und im Stall platziert werden können. Das erste Mal erschrecken die Tiere leicht, doch beim nächsten Mal wissen sie, dass ihnen Knabberholz serviert wird. Die Tiere machen gerne das Männchen und fressen die Aeste sehr gerne auch von der Decke; am nächsten Morgen sind nur noch Ueberreste vorhanden. Uebrigens die so entrindeten Aeste trocknen sehr leicht und lassen sich als Anfeuerungsholz für Cheminee oder Holzofen sehr gut gebrauchen.

Laubholz- und Nadelholzaeste lassen sich auf einem Spaziergang in grossen Mengen sammeln. Je dicker die Aeste sind, desto kürzer sind sie zuzuschneiden. Die folgenden Holzarten dürfen problemlos gefüttert werden: Ahorn, Obstgehölze (vor allem Apfel- und Birnenbaum), Haselnuss, Birke, Buche, Eiche, Erle, Esche, Fichte, Kiefer und Linde). Es ist wichtig, dass sich die Tiere nie verletzen können, deshalb sollten ganz grobe oder grössere Stücke befestigt werden. Möglich ist es auch ein Ast-Stück einfach in die Raufe zu legen.

Was fressen die Tiere dann am liebsten? Darauf kann jeder Züchter selbst eine Antwort finden. Mit einem sogenannten Präferenztest lässt sich schnell herausfinden, welche Gehölze dem Tier am besten zusagen.

Kaninchen dürfen auswählen

Mit einem Präferenztest wird in der Regel den Tieren eine Auswahl von Futter gegeben. Sie erhalten zwei identische Futtergefässe (gleiche Farbe, gleiche Grösse)  mit verschiedenem Futter.

Selbstverständlich kann jeder Züchter sich selbst einmal als kleiner Wissenschafter betätigen, um festzustellen, an welcher Art von Gehölz seine Tier am liebsten nagen. In die Boxen werden zwei verschiedene Holzarten in Form von 30 Zentimeter langen Aesten gegeben. Schon nach zwei bis drei Tagen kann gesehen werden, welche Art die Tiere mögen. Es ist möglich, den Versuch weiter zu ziehen und jene Holzart, die sehr gerne gefressen wurde mit einer anderen zu vergleichen. So findet jeder Züchter für sich und seine Tiere die beste Holzart als Knabberholz heraus.

Kaninchen sind dem Menschen bezüglich Geschmacksempfindung meilenweit überlegen!

Anzahl Geschmacksknospen bei verschiedenen Spezies (nach Kare, 1966)

Spezies Anzahl Geschmacksknospen
Huhn 24
Taube 37
Katze 473
Hund 1 706
Mensch 9 000
Schwein/Ziege 15 000
Kaninchen 17 000
Kalb 25 000

 Quelle: Lohmann

 

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Bildquellen

  • Bild 2a: Heinz Schmid
  • Bild 3: Heinz Schmid
  • Bild 1: Heinz Schmid

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