Die Zibben sind im April wahre Hochleistungs-Milchkühe. Die Milchleistung ist bei jedem Säugetier ausschlaggebend für die Entwicklung der Jungtiere. Einerseits ist die Anzahl der zu säugenden Jungtiere für die Milchleistung entscheidend; auf der anderen Seite die Genetik und die Fütterung. Wieviel Milch gibt eine Zibbe?
Das ist eine Frage, die sich wahrscheinlich die Züchter auch stellen. In der Literatur werden genau auf solche Fragen Antworten gesucht. Immer wieder wird von Leistungen in der Grössenordnung von 250 g Milch pro Tag oder 60 g Milch pro Kilogramm Lebendgewicht der Häsin berichtet; solche Resultate sind vergleichbar mit Hochleistungs-Milchkühen.
Die Milch der Kaninchen ist aber um einiges gehaltsvoller in Vergleich zur Kuhmilch: Fett 12.9 %, Protein 12.3 % und Energie 8.4 MJ pro Kilogramm Kaninchen-Milch, weshalb die Leistung der Kaninchen noch mehr Respekt verdient.
Wurfgrösse als bestimmender Leistungsfaktor
Gleich vorweg! Ein kleiner Wurf führt zu höheren Geburtsgewichten. Das ist verständlich, weil die Sprösslinge – je weniger es sind, – bessere Bedingungen während der Trächtigkeit haben. Aber kleinere Würfe animieren die Zibben auch weniger Milch in der anschliessenden Säugezeit zu produzieren. Auch interessant ist die Feststellung, dass grössere Geburtsgewichts-Unterschiede bei den Neugeborenen in kleineren Würfen häufiger vorhanden sind als in grösseren Würfen. Auch erbringen Erstgebärende tiefere Geburtsgewichte als bereits „bestandene Mütter“.

Was in der Kaninchenzucht wahrscheinlich weniger vorkommt, ist ein Untergewicht der Häsinnen. Niemals sollten Tiere besamt werden, bevor sie 75 bis 80 % des ausgewachsenen Gewichtes erreicht haben; am besten ist es immer mit wirklich ausgewachsenen Tieren eine erfolgreiche Zucht zu betreiben. Zu früh gedeckte Tiere bringen nachfolgend unbefriedigende Leistungen im Vergleich zu Zibben, die dem empfohlenen Alter entsprechend belegt worden sind. Sehr jung besamte Tiere scheiden meist auch schnell wieder aus der Zucht aus.
Mehr Milch – mehr Erfolg
Die Milchleistung einer Zibbe kann mit einer Regression (Formel) geschätzt oder berechnet werden. Bei einer Häsin mit einem Lebendgewicht von 3.0 Kilogramm und mit 6 Jungtiere im Alter von drei Wochen 220 g wiegen, kann mit einer Leistung bis zum 21. Tag von 3.6 Kilogramm Milch gerechnet werden.
Bei einer Zibbe mit 6.5 Kilogramm und 5 Jungtieren(Gewicht pro Jungtier 390 g) liegt die Milchleistung nach drei Wochen bei 4.5 Kilogramm Milch . Ueber die vollen Laktationen berechnet lassen sich diese Ergebnisse noch beträchtlich erhöhen. (Tab 1-3).
Energie- und Eiweissgehalte ausschlaggebend
Steigende Energiegehalte des Futters führen zu höheren Geburtsgewichten; dies wird damit erklärt, dass mit dem Anlegen von Energiereserven in der ersten Hälfte der Trächtigkeit, Vorteile für die zweite Hälfte der Embryonen geschaffen werden.
In den ersten drei Wochen der Säugezeit ist der Gehalt des Futters ausschlaggebend für die Entwicklung der Jungtiere. Qualitativ schwaches Futter lässt die Jungtiere nicht wachsen. Mit einem Laktationsfutter von 18 – 22 Prozent Eiweiss (Protein) und einem verdaulichen Energiegehalt im Bereiche 12 MJ VES pro Kilogramm lässt sich der Bedarf decken. Futterumstellungen zum Zeitpunkt der Geburt sind schlecht; damit sich die Mikroflora im Verdauungskanal anpassen kann, ist die Umstellung mehrere Tage vor dem berechneten Geburtstermin vorzunehmen.

Die Züchter sollten den Gehalt der Raufutterkomponenten bezüglich Eiweiss beachten. Junges Gras mit Klee (Leguminosen) erreicht einen Gehalt von 24 Prozent Eiweiss und deckt bei einem hohen Anteil in der Ration den Proteinbedarf mehr als nötig ab. Rationen mit zu hohem Eiweiss belasten nicht nur den Stoffwechsel der Häsin; sie belasten auch unnötig die Umwelt. Mischbestände mit Gras und Kräuter sind immer zu bevorzugen. Ein Grasschnitt sollt nie in einem frühen Stadium erfolgen. Stadium 1 beispielsweise heisst früher Schnitt mit hohem Proteingehalt und wenig Rohfasern und ist ungeeignet für Kaninchen.
Nestkontrolle unerlässlich
Eine Nestkontrolle macht Sinn, weil einerseits tot Geborene oder tot Gebissene entfernt werden können, aber andererseits auch Missbildungen der Kaninchenbabys – sofern sie sichtbar sind – weggeräumt werden können.
Es lohnt sich auch das Gesäuge der Zibbe sporadisch zu überwachen: Durch Betasten lässt sich schnell feststellen, ob die Häsin Schmerzen empfindet und dadurch schlecht säugt. Es ist auch immer gut zu wissen, ob alle Zitzen aktiv sind und Milch abgeben können. Häsinnen mit nicht vollständig ausgebildeten Zitzen oder zu kleine Zitzen sind aus der Zucht auszuschliessen.
Tabelle 1: Milchproduktion ( = Laktationskurve) der Häsinnen in Bezug auf die Wurfgrösse

Die Tabelle 1 zeigt die Milchleistungskurve von Häsinnen ab dem 3 bis zum 36.Tag ist. Es gilt hier zu zeigen, wie unterschiedlich die Milchproduktion bei Würfen mit 3 Jungtieren und bei Würfen mit 8 Jungtieren ist. Damit gilt es immer auch zu beachten, dass die Milchmenge beim Absetzen der Jungtiere bei Häsinnen mit grossen Würfen auch höher ist.
Tabelle 2: Tageszuwachs von jungen Kaninchen pro Tag von Tag 1 bis Tag 28

Die Tabelle 2 stellt die Entwicklung der jungen Kaninchen dar. Einerseits ist unmittelbar nach der Geburt und ab dem 20. Tag eine überproportionale Gewichtsentwicklung festzustellen. Stellt der Züchter gar einen Wachstumsstillstand um den 15. Tag fest, so zeugt das von einer guten Beobachtungsgabe des Züchters und ist zweifelsohne nicht beunruhigend.
Tabelle 3: Tageszuwachs von Kaninchen in unterschiedlichen Wurfgrössen über Wochen

Die Tabelle 3 bildet den wöchentlichen Tageszuwachs von Jungtieren in unterschiedlich grossen Würfen ab. Wenn auch die hohe Anzahl der Jungtiere in Würfen für die Rassenkaninchenzucht kaum gesucht wird, so zeigt dieser Versuch doch auf, das am Ende der Säugeperiode die Differenzen der Gewichte der Jungkaninchen kleiner werden.
Jeder Züchter ein kleiner Wissenschafter
In Deutschland meldet sich kürzlich ein beobachtender Züchter auf dem Internet mit Daten, die er mit einer kombinierten Fütterung mit unrationierten Mengen an Heu oder Gras, Pellets, Weizen, Brot und gelegentlich Kartoffeln und Gemüse feststellte. In einer Tabelle notierte er die Durchschnittsgewichte säugender Häsinnen zwischen dem 15.-19. und 40.- 44. Säugetages im Vergleich zum Gewicht des 6. Säugetages .Die Häsinnen zogen zwischen 5 und 8 Junge auf. Der Züchter Hermann Schmitt, Rodenbach b. Hanau BRD weist mit seiner erstellten Tabelle auf die „individuelle Variationsbreite „ hin, aber auch dass eine kombinierte Fütterung nicht zu drastischen Gewichtsverlusten bei säugenden Häsinnen führt. z.B. Häsin 1 von 3.955 kg bis auf 4.060 kg.
Tag | Häsin 1 | Häsin 2 | Häsin 3 | Häsin 4 | Häsin 5 | Häsin 6 | Häsin 7 |
6. | 3 955 g | 3 400 g | 3 340 g | 3 200 g | 3 145 g | 3 205 g | 3 025 g |
15.-19. | 3 898 g | 3 442 g | 3 415 g | 2 985 g | 3 195 g | 3 216 g | 3 005 g |
40.-44. | 4 060 g | 3 370 g | 3 426 g | 3 014 g | 3 173 g | 3 290 g | 2 973 g |
Kommentar:
Eine einfache Aufzeichnung zeigt, dass sich der Züchter mit der Entwicklung und Gesundheit seiner Tier befasst. Wie stark die Anzahl der Jungtiere die Milchleistung beeinflusst, wurde bereits in diesem Artikel gezeigt. So gesehen, spielt es durchaus eine Rolle, ob 5 oder 8 Jungtiere gesäugt wurden. In der Nutztierfütterung werden hohe Gewichtsverluste der Muttertiere (Rind und Schwein) nicht positiv beurteilt, denn sie gehen zu Lasten der Gesundheit und Fruchtbarkeit und schwächen das Immunsystem. Es gibt deshalb einen einfachen Grundsatz, die Milch für den Nachwuchs sollte zu einem hohen Anteil aus dem Säuge- und Raufutter und nicht aus den Körperreserven der Mutter produziert werden…
Zusammenfassend die Tipps für April:
– Nach der Geburt Kontrolle des gesamten Wurfs.
– Nach 12 Tagen überprüfen, ob keine Augen der Jungtiere verklebt sind.
– Ab der 3. Woche Kontrolle, ob kein Jungtier Durchfall hat.
– Futteraufnahme der Mutter muss bei grossen Würfen hoch sein (ad libitum Fütterung).
– Sauberes Wasser ist in dieser Phase extrem wichtig!
Bildquellen
- OLYMPUS DIGITAL CAMERA: Heinz Schmid
- OLYMPUS DIGITAL CAMERA: Heinz Schmid
- image: Heinz Schmid
- image-1: Heinz Schmid
- image-2: Heinz Schmid
- OLYMPUS DIGITAL CAMERA: Heinz Schmid